Zur Zeit wird in Reiterkreisen heftig
über einen Unfall während eines Bodenarbeitsseminars diskutiert,
bei dem ein Pferd stieg, sich überschlug und starb. Da ich mehrfach
gefragt wurde, was ich dazu meine, schreibe ich diesen
Blogbeitrag.
Reiter beteuern, dass es Ihnen in
erster Linie um das Wohl ihrer Pferde geht.
In den Physio-Riding Seminaren gebe ich
keine Meinungen, sondern ausschließliche FAKTEN über Anatomie,
Biologie und Verhaltensforschung weiter. Der Reiter entscheidet, wie
er mit diesem Wissen umgeht.
Wenn ich 10 Reitern innerhalb eines
Seminars die Anatomie des Pferdekopfes und die Wirkung des
Knotenhalfters erkläre, benutzen es trotzdem 9 weiter.
Wenn ich 10 Reitern die Wirkung von
Hebelgebissen erkläre, benutzten sie 9 weiter.
Wenn ich 10 Reitern die Wirkung von
Sporen auf die Bauchmuskeln erkläre und sie dadurch verstehen, warum
ihr Pferd „triebig und schwunglos“ geworden ist, benutzen 9
trotzdem weiter die Sporen, weil sie sonst ihre Trainer wechseln
müssten oder in Turnierreiterkreisen nicht mehr ernst genommen
werden.
Wenn ich 10 Reitern aus den Lehren des
Xenophon vorlese, dass er empfiehlt, zu Beginn der Pferdeausbildung
zwei Gebisse zu nutzen, von denen eins scharfe Stacheln haben soll,
damit das Pferd leicht in der Hand wird, werden trotzdem 9 weiterhin
von der wahnsinnig tollen klassischen Reitkunst schwärmen. ( … und
sich übrigens sehr gerne über die „Rollkur“ aufregen ....)
Wenn ich 10 Reitern modernes Wissen aus
der Verhaltensforschung erkläre, werden 9 trotzdem weiterhin nach
den Reitlehren mit ihren Pferden arbeiten, die davon ausgehen, dass
das Pferd dumm ist und ausschließlich von Instinkten gesteuert reagiert, wie man es noch bis vor 30 Jahren annahm.
Wenn ich mit 10 Reitern darüber rede,
dass die alten Reitlehren militärischen Zwecken dienten, bei denen
Drill und Gehorsam einen weit höheren Stellenwert hatten, als die
Gesundheit des Pferdes, werden trotzdem 9 weiterhin nach diesen
Lehren arbeiten.
Wenn ich mit 10 Reitern darüber reden,
dass die anderen alten Reitlehrern dazu dienten, Pferde als
zuverlässige Arbeitsgeräte zu nutzen, bei denen stumpfer Gehorsam
der Bequemlichkeit des Reiters (Arbeiters) diente, und nicht die
Gesundheit des Pferdes an erster Stelle stand, werden trotzdem 9
weiterhin nach diesen Lehren arbeiten.
Diese Liste könnte ich seitenlang
fortführen. Selbst wenn man darauf hinweist, dass bis heute nur ein
Bruchteil der als Reitpferd eingesetzten Pferde gesund alt werden und
Krankheiten wie die Chronische Hufrollenentzündung, Athrosen,
Kissing spines, Lungen/Atmung usw. usw. usw.in nahezu jedem Reitstall bei Reitpferden entstehen, aber nicht bei Wildpferden ….
selbst dann werden 9 von 10 Reitern
weitermachen, wie bisher und hoch erhobenen Hauptes erklären, dass Ihre Art, mit dem Pferd umzugehen, nur dazu dient, das Pferd gesund zu erhalten.
Dieses 9 von 10 Reitern regen sich
jetzt auf, dass während eines Seminars ein Pferd gestorben ist. Wäre
dieses Pferd in diesem Seminar nicht gestorben, sondern wäre sein
Wille gebrochen worden und es hätte die Übung nach Wunsch des
Ausbilders ausgeführt, hätte sich niemand aufgeregt, denn täglich wird Pferden der Wille gebrochen ( ... schon allein, weil die Reiter sonst Angst vor ihren Pferden hätten).
9 von 10 Reiter haben ihre Pferde, um
sich selbst etwas zu geben und sie sehen das, was für das Pferd gut
ist, durch die Brille, die sie sich aufsetzen. Sie sehen das, was sie
sehen wollen.
PS:
Für den 10. von 10 Reitern gebe ich
weiterhin Seminare und schreibe Lehrbücher. 😊
Sabine Bruns