Donnerstag, 2. August 2012

"Im Pferd sitzen" oder "auf dem Pferd"

Im Pferd oder auf dem Pferd
- Gedanken zum Sitz des Reiters

Als ich vor über 30 Jahren die ersten Stunden auf dem Pferd verbracht habe, lernte ich: als Anfänger sitzt man auf dem Pferd, erst wenn man das Pferd versammeln kann, lernt man das Gefühl kennen, im Pferd zu sitzen und dann sind alle Anfängerprobleme wie „Absätze hoch ziehen“, „Kopf wackeln“, „Hände wackeln“ uvm. mit einem Schlag wie von Zauberhand gelöst.

Warum sehe ich heute selbst in schwersten Dressurprüfungen auf den Turnieren so selten Reiter, die „im Pferd“ sitzen? Warum schauen mich junge Reiter ratlos an, wenn ich sie frage, ob sie sich unter dem Begriff „im Pferd sitzen“ etwas vorstellen können?

Das sind die Fakten:

Der Sitz des Reiters wird von den Hinterbeinen und von den Vorderbeinen des Pferdes beeinflusst.
Im Trab bewegt sich das Pferd im Zweitakt, wobei jeweils das diagonale Beinpaar gleichzeitig vor tritt.
Jeweils beim Vorschwingen und Auffußen eines diagonalen Beinpaares spürt der Reiter das sich der Pferderücken in seiner Gesamtheit anhebt.
Als Reitanfänger fühlt man sich wie auf einem Trampolin ständig in die Luft geschleudert.

Wenn man lernt, die Muskeln rund um sein Becken loszulassen, kann man diese Trabbewegung auffangen. Man wird nicht mehr mit federnder Wirkung nach oben geschleudert, sondern „wackelt nur noch weich hin und her“ - wie man auch beim Trampolin das in die Luft geschleudert werden durch entspannen von Muskeln rund um die Kniegelenke beenden kann.

Heute denken viele Reiter – und das schlimmste ist, auch viele Reitlehrer – das dieses die optimale Methode ist, sich im Trab harmonisch auf dem Pferd zu halten.

Das wirkliche „im Pferd sitzen“ entsteht jedoch erst, wenn das Pferd auf harmonische Art und Weise korrekt versammelt wird und kann weder durch Schlaufzügel noch „Rollkur“ noch andere Zwangsmaßnahmen erreicht werden.

So entsteht das „im Pferd sitzen“:
Wenn das Pferd mit den Hinterbeinen schwungvoll unter den Körper tritt und sich dabei unter dem Reiter wohl fühlt, kann es Muskeln im Rücken locker dehnen lassen. Das Becken des Pferdes wird bei jedem Vortreten weich gekippt und damit auch die Lendenwirbelsäule harmonisch aufgewölbt, hierdurch wird der Reiter nicht mehr vom Pferderücken angehoben sondern nur noch gerade und weich nach vorne geschoben.
Gleichzeitig ziehen die Vorderbeine des Pferdes bei jedem Vortreten mit Schwung am breiten Rückenmuskel, dem M. latissimus dorsi, der sich ebenfalls entspannt dehnen lassen kann.
Der Reiter wird mitgezogen und hat das Gefühl, dass die Beine des Pferdes seine eigenen werden.
Die Körpermitte vom Reiter und die Körpermitte des Pferdes scheinen wie Zahnräder ineinander zu greifen und Reiter und Pferd werden zu einer echten Einheit.

Dieses Gefühl ist es, was den perfekten Sitz hervor ruft, bei dem Zuschauer das Gefühl haben, der Reiter sitzt unbeweglich und Tier und Mensch sind zu einer Einheit verwachsen, ein reiner Genuß für den Reiter, der jede Anstrengung vergessen läßt.

Wie schade, dass dieses Ideal so vielen Reitern nicht mehr erstrebenswert erscheint.

Man kann die Lektionen der S-Dressur „auf dem Pferd sitzend“ oder „im Pferd sitzend“ reiten – aber wirklich traumhaft schön ist es – für den Reiter, das Pferd und den Zuschauer - nur, wenn man dabei „im Pferd sitzt“.
Man kann das Pferd mittels diverser Zwangsmittel und autoritärer Ausbildung dazu bringen, Höchstleistung zu zeigen, es wird jedoch dabei immer instinktiv wichtige Muskeln im Rücken in einer Dauerspannung halten.

Nur wenn sich das Pferd unter dem Reiter wohl fühlt, wird es seine Muskeln so entspannen können, das „im Pferd sitzen“ entstehen kann.

Ich habe zu diesem Eintrag kein Bild hinzugefügt, denn man kann eine Bewegung nicht als Momentaufnahme darstellen.  Zu viele Reiter lassen sich auf der Suche nach der richtigen Ausbildungsmethode von Bildern täuschen.

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